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Verlag Karin Kestner
Kind gehörlos
Gehörlosigkeit, Gebärdensprache - Was ist mit meinem Kind? Gehörlos Was heißt das - taub? schwerhörig. Was bedeutet Hörschädigung. Ist eine Hörschädigung eine Behinderung? Und was meinen die Ärzte mit
„resthörig“? Kann mein Kind nun hören oder nicht? Ist mein Kind behindert? Wird
es sprechen lernen? Kann es überhaupt denken, so ganz ohne Sprache? Braucht es
jetzt sein Leben lang Hilfe? Wird es jemals selbstständig leben lernen? Nimmt
unser Kindergarten es auf? Was können die Ärzte machen? Wie leben heute
Gehörlose? Soll ich die Gebärdensprache lernen? Und wo geht das eigentlich? Wie
finde ich Kontakt zu anderen betroffenen Eltern? Wo lerne ich Gehörlose kennen?
Was bedeuten die Hörkurven und Diagramme? Nützen Hörgeräte etwas? Was ist ein
Cochlea-Implantat? Wie viel hört mein Kind damit? Kann es auch ohne Hören auf
eine normale Schule? Vielleicht sogar studieren? Wer unterstützt uns finanziell?
Welche Förderungen bekommt mein Kind? Wo kann ich die beantragen? Was kann ich
machen? Was soll ich tun?
Alle diese Gedanken kreisen in Ihrem Kopf. Hilfe bei Hörschädigung und Informationen zum Thema hörgeschädigt
Jede Beraterin/Frühförderin sollte dieses Buch kennen, empfehlen oder den Eltern
gleich in die Hand geben können. Das Handbuch für jede Frühförderung, Frühförderstelle
.... Ja, wie mag das wohl sein für ein so kleines Kind, das nie gehört
oder sein Gehör früh verloren hat? Versuchen Sie doch einmal, sich in Ihr Kind
zu versetzen. Vergessen Sie dabei alle Worte und ihr Wissen von der Welt - über
diese Kenntnisse verfügt Ihr Kind jetzt noch nicht. Stellen Sie sich zum
Beispiel vor, Sie liegen in Ihrem Bettchen, Ihre Mutter kommt und nimmt Sie auf
den Arm. Welche Signale nehmen Sie dabei auf? Was empfinden Sie? Welche Gefühle
entwickeln sich?
Natürlich nimmt Ihr Kind die Welt anders wahr als Sie. Es kann nicht oder nur
ganz wenig hören, aber es kann sehen! Es schaut Ihnen ganz genau zu. Es verfolgt
jede Ihrer Bewegungen mit den Augen. Auch wenn es Ihre Stimme nicht hört, weiß
es doch genau: ”Die da ist meine Mama, und das ist mein Papa.” Denn Sie sind
immer für Ihr Kind da. Sie füttern und wickeln es. Sie geben Ihrem Kind Liebe,
Geborgenheit und Sicherheit. Ihr Kind verlässt sich ganz auf Sie, so wie alle
Babys es tun. Es riecht Sie, es weiß, nichts kann passieren, wenn Sie in der
Nähe sind. Ihr Kind ist ein Augenmensch. Es vermisst nichts. Es hat sein
Hörvermögen früh verloren oder noch nie gehört - was sollte ihm also fehlen?
Ihre liebevollen Augen, Ihre Mimik nimmt es auf wie Worte.
Die Frühförderung sollte also nicht beim kaputten Ohr ansetzen, sondern bei
Ihrem Kind als ganzem Menschen, ja, bei Ihrer ganzen Familie. Häufig sprechen
die Frühförderinnen in den ersten Wochen mehr mit den Müttern und Vätern, denn
letztlich muss Ihre Familie gemeinsam die Herausforderung bewältigen. Nicht in
einem einmaligen Kraftakt, vielmehr mit einer neuen Lebensweise. Die
Hörschädigung ist Teil Ihres Kindes und wird es sein Leben lang begleiten, doch
sie ist eben nur ein Teil. Ihre Familie aber ist ein großes Ganzes aus vielen
Teilen. Erst wenn Sie ein neues Gleichgewicht im Miteinander gefunden haben,
werden Sie Ihr Kind nach seinen ganz eigenen Fähigkeiten und Bedürfnissen
fördern können, ohne sich selbst oder das Kind zu überfordern.
Wie die Hilfe im Einzelnen aussieht, ist von Förderzentrum zu Förderzentrum
unterschiedlich. Es sind auch nicht alle auf die Arbeit mit hörgeschädigten
Kindern eingestellt. In diesem Fall sollten Sie nach einer Beratungsstelle
fragen, die sich damit auskennt.
Die Mitarbeiter in den Frühförderstellen kommen meistens aus verschiedenen
Fachrichtungen, und manchmal finden sich darunter erwachsene Hörgeschädigte mit
einer entsprechenden Ausbildung. Die Zusammenarbeit von
Hörgeschädigtenpädagoginnen, Erzieherinnen, Psychologinnen usw. ermöglicht es,
die Entwicklung Ihres Kindes aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.
Außerdem halten die Zentren Kontakt zu Hörgeräteakustikern, Ärzten, Logopäden,
Therapeuten, Kindergärten und Ämtern. Als zentrale Stelle sollten sie für den
Informationsaustausch sorgen und für alle Ihre Fragen als Ansprechpartner zur
Verfügung stehen. Sie sollten Sie über gesetzliche Hilfen informieren und Sie
beim Ausfüllen von Anträgen und Formularen unterstützen.
Bei vielen Maßnahmen übernehmen die Krankenkassen oder Sozialämter die
Finanzierung. Allerdings müssen Sie sich selbst darum bemühen. Seien Sie ruhig
hartnäckig, falls Sie nicht gleich an den richtigen Gesprächspartner geraten
oder nicht auf Anhieb Erfolg haben. In manchen Fällen ist es notwendig, eine
schriftliche Begründung einzureichen, dabei helfen Ihnen dann die Beraterinnen
der Frühförderung.
Es ist, als ob sich ein schwarzer Abgrund vor einem auftut, und man fällt
hinein.“ So oder ähnlich empfinden viele Eltern, wenn die dunkle Vorahnung zur
Gewissheit wird. Irgendwo tief im Innersten hatten sie noch geglaubt, alles
würde sich zum Guten wenden. Die Sorgen und Zweifel würden sich auflösen, das
Leben wäre endlich wieder „normal“. Doch alle Hoffnungen sind dahin, wenn der
Arzt oder die Ärztin diesen einen Satz ausspricht: „Ihr Kind ist hörgeschädigt!“
Die gehörlose Schauspielerin Emmanuelle Laborit hat in ihrer Autobiografie
„Der Schrei der Möwe“ beschrieben, was ihre Mutter später über diesen Moment
berichtet hat: „Mit neun Monaten habe ich dich zu einem Spezialisten gebracht,
der sofort sagte, daß du vollkommen taub geboren seist. Das war ein schwerer
Schock. Ich wollte es nicht wahrhaben, dein Vater ebensowenig. Wir haben uns
gesagt: 'Das ist eine falsche Diagnose, es kann nicht sein.'“
Manche Menschen fühlen sich völlig hilflos und wissen gar nicht mehr, was sie
tun sollen. Sie verfallen vielleicht sogar in eine depressive Lähmung wie die
Mutter von Emmanuelle:
„Meine Mutter sagt, sie habe nicht mehr gewußt, was sie mit mir machen
sollte. Sie sah mich an, unfähig, wie auch immer Kontakt mit mir aufzunehmen.
Manchmal brachte sie es nicht einmal mehr fertig, mit mir zu spielen. Sie sprach
überhaupt nicht mehr mit mir. Sie dachte nur: 'Ich kann ihr nicht mal mehr
sagen, ich habe dich lieb, denn sie kann mich nicht hören.'
Sie hatte einen regelrechten Schock, war wie gelähmt. Sie konnte nicht mehr
klar denken.
Das Kind spürt die Veränderung der Eltern, aber es kann sich nicht erklären,
was der Grund dafür ist. „Ich sagte bei mir: 'Was habe ich nur an mir? Warum
sind sie meinetwegen traurig?' Ich hatte noch nicht verstanden, daß ich taub
war. Nur daß es einen Unterschied gab“, schrieb Emmanuelle Laborit. Nicht die
Gehörlosigkeit machte sie als Kind traurig und jagte ihr Angst ein, sondern die
plötzliche Ferne von Vater und Mutter.
Kommunikation hat viele Gesichter. Ein Lächeln, ein Streicheln über den Kopf
signalisiert Ihrem Baby „Ich bin für dich da“, und es versteht diese Nachricht.
Ihr Geruch und der Ihres Kindes schaffen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und
Geborgenheit.
Wenn es jedoch heranwächst, wird die Welt Ihres Kindes
größer. Mehr Menschen treten darin auf, immer mehr Dinge gibt es zu sehen, mehr
Abläufe zu beobachten. Was ist das? Wie geht das? Warum passiert das? Ihr Kind
möchte die Welt kennen lernen und verstehen. Es möchte Fragen stellen und
Antworten erhalten. Dafür reicht die eben beschriebene einfache Kommunikation
nicht mehr aus. Sie wird zwar das ganze Leben über eine gewisse Bedeutung
behalten - die Haltung und Mimik eines Menschen sagt zum Beispiel viel über
seine momentane Stimmung aus -, aber um seine Neugierde zu stillen, braucht Ihr
Kind nun eine richtige Sprache. Wie im Kapitel „Frühe Schritte und die ersten
Jahre“ dargestellt, ist es für die geistige, soziale und emotionale Entwicklung
Ihres Kindes ungeheuer wichtig, sich mit seinen Bezugspersonen austauschen zu
können. Es muss in der Lage sein, Ihnen mehr mitzuteilen als nur „Ich habe
Hunger“ oder „Ich bin müde“. Es muss Ihnen auch erklären können, dass es Angst
vor dem Teddy hat, weil der so groß ist. Oder dass es so aufgeregt ist, weil Sie
doch morgen mit ihm in den Zoo wollen. Und dann muss es fragen können, was denn
eigentlich ein Zoo ist, und es muss Ihre Antwort verstehen können. Das alles
geht nur mit einer gemeinsamen Sprache.
Irgendwann ist es auch für Ihr Kind soweit: Der „Ernst des Lebens“ beginnt,
und es kommt in die Schule. Für Sie als Eltern wird dieser neue Lebensabschnitt
schon Monate vorher anfangen, denn zwei wichtige Entscheidungen stehen an: Ist
Ihr Kind bereit für die Schule, oder sollten Sie besser eine Zurückstellung um
ein Jahr beantragen? Und welche Schule ist die richtige für Ihr Kind?
Antworten auf diese Fragen sind immer schwierig. Was das Beste ist, hängt
stark von den Fähigkeiten und Talenten des einzelnen Kindes ab sowie dem
Angebot, das die verschiedenen Schulformen und Schulen bieten. Und da ist in den
letzten Jahren einiges in Bewegung geraten. Immer mehr Regelschulen sind bereit,
hörgeschädigte Kinder aufzunehmen, und die Schulen für Gehörlose und
Schwerhörige entwickeln neue Unterrichtsformen und -methoden. Der Prozess ist
noch längst nicht abgeschlossen, sodass Ihrem Kind in einigen Jahren sicherlich
eine buntere Schullandschaft offen steht, als das in der Vergangenheit der Fall
gewesen wäre. Dieses Kapitel bietet Ihnen daher nur einen Überblick zur
Orientierung für später, wenn Sie sich selbst über den aktuellen Stand
informieren. Die Adressen im Anhang helfen Ihnen dabei.
Auf jeden Fall sollten Sie sich die in Frage kommenden Schulen einmal selbst
anschauen. Den Besuch sollten Sie frühzeitig planen und gute neun Monate vor
Einschulung Ihres Kindes Kontakt zu den Schulen aufnehmen.
Liebe Eltern dieses Buch möchte Sie in den ersten Monaten nach der Diagnose
Hörgeschädigt" begleiten, Sie auffangen in Ihrer Angst, Ihnen einen Überblick über die Möglichkeiten für
hörgeschädigte Kinder in unserer Zeit geben, in verständlicher Form so
viel erklären, dass Sie in Gesprächen mit Beratern und Ärzten gezielte
Fragen stellen können und die Antworten verstehen, Ihnen weiterführende
Angebote vorstellen und Mut machen, sich den Herausforderungen aktiv und
zuversichtlich zu stellen. Wir gehen davon aus, dass Sie an dem Thema
interessiert sind, aber keine spezielle Vorbildung haben. Dementsprechend
wird alles erklärt, aber auch die nötigen Fachbegriffe werden eingeführt,
damit Sie; nachschlagen oder sich selber tiefer gehend informieren
können. Ein entscheidender Punkt ist, dass dieses Buch kein „Ratgeber“
ist! Es informiert und will Sie in die Lage versetzen, selbst für Ihr
eigenes Kind zu entscheiden, welche Angebote für Ihr spezielle Kind in
seiner ganz besonderen Umgebung passend sind. Warum dieses Buch?
s war wie ein Schock!“ So empfinden die meisten Eltern die Diagnose, dass
ihr Kind stark hörgeschädigt ist. Nach dem ersten Schrecken kommen Fragen
auf. Viele Fragen. Fragen, die leider oft lange ohne Antwort bleiben. Kaum
jemand im Freundes- und Bekanntenkreis kennt sich mit Schwerhörigkeit oder
Gehörlosigkeit aus. Nur wenige Ärzte haben über den medizinischen Rahmen
hinausreichende Erfahrungen mit Hörschädigungen. Selbst wenn die Eltern
durch Zufall von einem der wenigen Ratgeber-Heftchen erfahren, die
Beratungsstellen oder andere betroffene Eltern in Eigeninitiative
herausgegeben haben, reichen die darin enthaltenen Informationen bei
weitem nicht aus. Meistens ist der Inhalt unvollständig, klammert einige
Aspekte ganz aus oder stellt von mehreren möglichen Wegen nur einen
einzigen als denkbare Lösung dar. In vielen Gesprächen haben uns Eltern
mit hörgeschädigten Kindern mitgeteilt, was sie sich in den ersten Tagen,
Wochen und Monaten nach der Diagnose gewünscht hätten:Sie möchten mit
dem Schmerz und den Sorgen ernst genommen werden.
verstehen, was eigentlich los ist. Warum Ihr Kind kaum oder gar nicht hören
kann.Sie möchten wissen, wie es weitergehen kann. Und zwar neutral und möglichst umfassend.
Sie erhoffen sich praktische Hinweise. Das fängt an mit Tipps zur Kommunikation mit einem
Kleinkind, das schlecht oder gar nicht hört, und geht bis zu steuerlichen
Erleichterungen und finanziellen Zuschüssen.
Sie brauchen Adressen von Beratungsstellen, Einrichtungen und Verbänden.
Bislang musste jedes Elternpaar sich diese Informationen mühselig selbst suchen.
In einer Zeit, die schon so verwirrend und anstrengend ist. Jetzt bekommen Sie alle notwendigen Informationen in einem
Buch.
Olaf Fritsche, Karin Kestner